Die erste Diagnose lautet bei stressbedingten Sehstörungen schnell einmal: Retinopathia Centralis Serosa (RCS), umgangssprachlich „Managerkrankheit“. Die typischen Symptome werden besonders häufig bei Männern zwischen 20 und 50 festgestellt, die im Beruf viel Verantwortung tragen und sehr ehrgeizig sind.
Vollständig erforscht ist diese Variante stressbedingter Sehstörungen bisher nicht. Man geht aber davon aus, dass die Beschwerden folgendermaßen entstehen:
Diese Kette von Körperreaktionen führt dann zum Beispiel zu Weitsichtigkeit. Sofern nicht das Sehzentrum direkt betroffen ist, lassen sich die porösen Stellen gut mit dem Laser behandeln, sodass nicht noch mehr Flüssigkeit hindurchgelangen kann.
Abgesehen davon ist es möglich, dass die Sehstörungen gewissermaßen eine Ermüdungserscheinung sind. Es kann etwa sein, dass der Ziliarmuskel konstant überlastet ist. Dieser Muskel ist wesentlich daran beteiligt, dass das Auge auf unterschiedliche Distanzen fokussieren, also „scharfstellen“ kann. Lange Tage vor dem Computerbildschirm, wenig Schlaf oder Bewegung und mangelnde Wasserzufuhr: Faktoren wie diese bedeuten auch für die Augenmuskulatur puren Stress.
Im Fall von RCS oder Muskelüberlastung lässt sich eine eindeutige physische Ursache für die Sehstörung erkennen. Ganz anders sieht es da schon bei psychosomatisch bedingten Sehstörungen aus: Die Folgen von Stress und Überlastung sind nicht sichtbar, aber für die betroffene Person deshalb nicht weniger unangenehm.
Bei Sehstörungen durch Stress ist die mentale Überlastung der Auslöser. Das Auge funktioniert in solchen Fällen theoretisch ganz normal – doch der Sinneseindruck wird im Gehirn nicht wie üblich weiterverarbeitet.
Es klingt einfacher, als es sich im Alltag umsetzen lässt, und doch: Die beste Methode, diese Art Sehstörungen dauerhaft loszuwerden, ist effektive Stressbewältigung.
Sei es durch Psychotherapie, Sport/Bewegung, Meditation, die Umverteilung von Aufgaben auf andere – wichtig ist es, die Bedürfnisse des Körpers an oberste Stelle zu setzen und sich Taktiken anzueignen, wie man neuerlichen Stress vermeiden kann. Dazu ist es natürlich wichtig, die Stresssymptome schnell erkennen zu können.
„Sehstörungen“ sind zunächst ein sehr unspezifisches Beschwerdebild. Letztendlich ist damit immer gemeint, dass das Sehvermögen sich negativ verändert. Diese Störung kann viele Formen annehmen und auch das restliche Augenumfeld betreffen: zuckende Augenlider oder ein Blinzel-Tick sind nicht direkt eine Sehstörung, beeinträchtigen allerdings trotzdem die Sicht. Sollten Sie jedoch die folgenden Beschwerden bei sich feststellen, ist es nicht ausgeschlossen, dass dahinter Stress steckt.
Wenn Stress der Auslöser für Sehstörungen ist, kommen diese oft sehr plötzlich und in vielen Fällen nur auf einem Auge. Die Störungen verschwinden in aller Regel glücklicherweise von selbst – doch das kann wochen- oder gar monatelang dauern.
Mitunter kann es somit sein, dass man längere Zeit im Beruf ausfällt. Um eine derartige Pause führt kein Weg herum, wenn man die RCS-Sehstörungen loswerden will: Wer weiterarbeitet wie bisher, tut nichts dafür, dass der Cortisolspiegel wieder sinkt. Das wäre jedoch dringend nötig.
In stressigen Zeiten kann es passieren, dass plötzlich das Gesichtsfeld stark eingeschränkt ist oder Störungen auftreten:
Bei der stressbedingten Diplopie überlappen die Seheindrücke beider Augen. So wirkt es, als würde man ein Bild doppelt sehen. Manchmal gesellt sich dazu der Eindruck, einen Grauschleier über dem Gesichtsfeld zu haben. In der Folge fällt es zum Beispiel schwer, etwas zu lesen, da die Buchstaben auf der Seite ineinander zu verschwimmen scheinen.
Zickzack-Muster und Blitze im Gesichtsfeld (Photopsie) entstehen dann, wenn der Glaskörper im Auge sich von der Netzhaut ablöst. Dieser Vorgang ist per se nichts Schlimmes, sondern passiert früher oder später als natürliche Alterserscheinung bei jedem Menschen. Bei gesunden Augen spürt man nichts davon.
Tritt diese Glaskörperablösung jedoch verfrüht und als Folge von Stressbelastung auf, bedeutet das eine Zugwirkung auf die Netzhaut. In unglücklichen Fällen entstehen dadurch Risse in der Netzhaut, die unbedingt sofort behandelt werden müssen. Andernfalls riskiert man langfristig eine Netzhautablösung bis hin zum Erblinden.
Das Vertrackte daran: Die Blitze werden oft nur kurz wahrgenommen und als unwichtig abgetan, zumal dabei keine Schmerzen entstehen. Da es sich aber um eine durchaus ernste Angelegenheit handeln kann, raten wir dazu, im Zweifelsfall frühzeitig zum Arzt zu gehen.
Bei Blitzen im Auge in Verbindung mit Stress ist umgangssprachlich von Augenmigräne die Rede (ophthalmische Migräne). Sie verursacht keine Kopfschmerzen, sondern vielmehr eine Einschränkung des Sichtfelds, manchmal erscheint zudem eine Aura im Gesichtsfeld. Im Gesamtbild steckt hinter dieser Art Sehstörung meist Überanstrengung, also wieder ein physisch feststellbarer Stress für den Körper.
An dieser Stelle eindeutig feststellbar ist nur eine Sache: Da es so viele Auslöser und Arten von Sehstörungen gibt, sind Sie mit einer ärztlichen Untersuchung immer auf der sicheren Seite. Sorgen Sie sich trotzdem nicht zu sehr: In vielen Fällen verschwinden stressbedingte Sehstörungen nach einiger Zeit bzw. mit nachlassendem Stresslevel von selbst und haben keine langfristigen Folgen!